KI-gestütztes Sensorsystem getestet
Erprobungsphase des Projekts RESIGENT erfolgreich beendet
Duisburg, 18. März 2025 - Um Überlastungen im Stromnetz zu vermeiden, wurde im BMWK-geförderten Projekt RESIGENT ein KI-gestütztes Sensorsystem entwickelt, das im Verteilnetz des Stadtwerks Haßfurt in einem Pilotversuch getestet wurde.



Die Elektromobilität und Energiewende haben große Auswirkungen auf den Strommarkt und das Stromnetz. Beispielsweise gibt es immer mehr Elektroautos, die gleichzeitig und für die Fahrzeuginhaberinnen und -inhaber flexibel geladen werden müssen. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, den Stromverbrauch zu steuern und für Verbraucherinnen und Verbraucher kaum Anreize, ihr Verhalten so anzupassen, dass die Stabilität des Gesamtnetzes gewährleistet bleibt. Daher sind neue Systemkonzepte, Schnittstellen und Marktmodelle erforderlich.
Tests in ausgewählten Haushalten
Hier setzt RESIGENT an: Um Überlastungen im Stromnetz zu vermeiden, wurden im Projekt drei Hauptkomponenten entwickelt: eine KI-gestützte Koordinierungsfunktion (KOF), ein lokales Energiemanagement-System (EMS) für Haushalte und ein Sensorsystem, das in den Schaltanlagen des Verteilnetzes für die Netzzustandsanalyse eingesetzt wird. Die Komponenten wurden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, das in ausgewählten Haushalten getestet wurde. Das Stadtwerk Haßfurt hat als Projektpartner und Netzbetreiber Interessentinnen und Interessenten für den Pilotversuch gewinnen können und Teile seines Netzes zur Verfügung gestellt.
Die KOF analysiert den Stromverbrauch aus den aktuellen Messdaten des Verteilnetzes sowie aus den EMS in den Häusern. Zusammen mit weiteren Informationen, wie Wetterprognosen und Lastprofilen, prognostiziert die KOF den Lastzustand des Netzes. Droht eine Überlastung, erhält der Netzbetreiber eine Warnung und kann rechtzeitig eingreifen.
Projektziel ist es, solche Ausnahmesituationen durch selbstregelnde Mechanismen zu vermeiden. Daher wurden für die am Projekt teilnehmenden Haushalte Anreize geschaffen, ihren Stromverbrauch in Zeiten mit weniger Bedarf zu verschieben. Zum einen generiert die KOF dazu für den Folgetag eine stundenfeine, flexible Strompreistabelle und stellt diese über das EMS den Haushalten zur Verfügung. Zum anderen legen die Teilnehmenden ihre Ladepräferenzen in einer Smartphone-Applikation fest.
Mit den Informationen zu den Tarifen und den Bedarfen ermittelt das EMS den idealen Ladezeitpunkt und verschiebt die Ladung beispielsweise in die Nacht, anstatt abends, wenn viele andere Nutzerinnen und Nutzer ihre Geräte laden. Dadurch wird das Laden für die Endkundinnen und -kunden zukünftig günstiger und gleichzeitig transparenter und steuerbarer für den Netzbetreiber. Das System lohnt sich also für beide Seiten.
Hohe Sicherheitsstandards für die Datenübermittlung
Berücksichtigt wurden in RESIGENT auch die besonderen Anforderungen an die Cyber-Sicherheit. So kommuniziert die KOF zum EMS entweder über den MQTT-Standard oder über eine zusätzliche Steuerbox nach EN 61850-Standard mit EEBUS-Protokoll. In beiden Fällen findet diese Kommunikation in einem gesicherten Kanal über das Smart-Meter Gateway SMGW statt.
RESIGENT zeigt, wie digitale Technologien gemäß §14a des Energiewirtschaftsgesetzes eine automatische Netzregelung ermöglichen.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert, Förderkennzeichen: 01MV21018.
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Die Projektpartner
Fraunhofer IMS (Konsortialleitung)
Mit intelligenten Sensorsystemen eine sichere und nachhaltige Zukunft gestalten: In zahlreichen hochmodernen Forschungslaboren arbeitet das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS mit über 200 talentierten wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Studierenden an innovativen, mikroelektronischen Lösungen.
Das Fraunhofer IMS entwickelte die Sensorik für die Netzzustandsanalyse. Dabei ist ein autarkes Sensorsystem entstanden, das sich durch einfache und nicht-invasive Montage im Niederspannungsverteilnetz installieren lässt. Das Sensorsystem bezieht seine Energie zum Betrieb aus einem induktiv gekoppelten Harvester, also einem Gerät, das Magnetfelder oder elektrische Felder nutzt, um Energie zu gewinnen und dadurch drahtlos funktioniert. Erfasst werden Ströme, Spannungen und Phasenwinkel. Per IoT-Netzwerk werden die Daten an den Netzbetreiber übertragen.
Universität Siegen
Im Forschungsprojekt RESIGENT übernahm die Universität Siegen die anspruchsvolle Aufgabe, die Koordinierungsfunktion (KOF) zu erforschen und zu implementieren. Die KOF bildet das zentrale Element eines innovativen Netzsteuerungssystems, das den Zustand des Stromnetzes überwacht, bei potenzieller Instabilität proaktiv eingreift und Steuerungssignale an die Energiemanagementsysteme (EMS) einzelner Liegenschaften versendet. Ziel ist es, eine stabile Netzfunktion auch unter schwierigen Bedingungen sicherzustellen.
Ein zentraler Bestandteil der KOF ist die bidirektionale Kommunikation vom Netzbetreiber bis zum Endkunden“. Diese Architektur ermöglicht nicht nur den kontinuierlichen Datenaustausch für prädiktive Analysen, sondern bildet auch die Funktion des akuten Lastabwurfs nach §14a EnWG.
Mit ihrer Arbeit an RESIGENT leistet die Universität Siegen einen bedeutenden Beitrag zur Gestaltung eines flexiblen, resilienten und zukunftsfähigen Energiesystems, das den Anforderungen der Energiewende gerecht wird.
Die Initiative entwickelt einen Kommunikationsstandard zur Vernetzung von energierelevanten Geräten in Gebäuden, dem Stromnetz und den Marktakteuren. Damit wird die Digitalisierung der Energiewende unterstützt und die Interoperabilität innerhalb energierelevanter Systeme sichergestellt. EEBUS ermöglicht eine flexiblere und effizientere Nutzung und Verteilung von Energie und trägt damit zur Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle bei. Dies steigert die Energieeffizienz und unterstützt Ziele wie Kostenoptimierung und Netzstabilisierung. Die Abstimmung mit Normungsgremien und Verbänden sichert die breite Anwendbarkeit und Zukunftssicherheit der EEBUS-Spezifikationen.
Stadtwerk Haßfurt GmbH
Die Stadtwerk Haßfurt GmbH hat als lokaler Versorger und Netzbetreiber mit rund 14.000 Kunden im Projekt die Validierung der entwickelten Lösung in Haushalten des Versorgungsgebietes ermöglicht. Zu ihren damit verbundenen Aufgaben zählte die Spezifikation der Schnittstellen und Rahmenparameter, die Erfassung und Aufbereitung von Livedaten aus dem Netz sowie die Akquise und Koordination der Feldtestteilnehmer unter Nutzung mehrjähriger Erfahrungen mit variablen Tarifen.
Hager Group
Hager Group ist ein führender Anbieter von Lösungen und Dienstleistungen für elektrotechnische Installationen in Wohn-, Industrie- und Gewerbeimmobilien. Das Leistungsspektrum reicht von der Energieverteilung über die Leitungsführung, Sicherheitstechnik bis zur intelligenten Gebäudesteuerung, sowie Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität, Energiespeicher und Energiemanagementsystemen. Im Projekt RESIGENT entwickelte die Hager Group die prototytpische Ladeinfrastruktur, ein weiterentwickeltes Energiemanagementsystem, sowie die zugehörige RESIGENT Feldtest Endkunden Applikation.
VIVAVIS AG
Die VIVAVIS AG, mit Hauptsitz in Ettlingen, Baden-Württemberg, ist ein führender Anbieter für die Digitalisierung kritischer Infrastrukturen, insbesondere im Energie- und Wassersektor. Mit einem innovativen, umfassenden Produkt- und Lösungsportfolio unterstützt VIVAVIS die Versorgungswirtschaft entscheidend bei der Digitalisierung und Umsetzung der Energiewende. Langjährige Expertise, gebündelt aus verschiedenen Tochter- und Landesgesellschaften, fließt in maßgeschneiderte Lösungen für Netzgesellschaften, Messstellenbetreiber, Betreiber energieintensiver Industrien und schienengebundene Nah- und Fernverkehrs-Gesellschaften ein.
Fokusthemen im Überblick:
- Netzleittechnik
- Niederspanungsnetzführung + Flexibilitätsmanagement
- Fernwirktechnik + intelligente Ortsnetzstation
- Zählerfernauslesung
- Smart Metering + CLS-Management
- Steuerboxen