Der sensitive, spezifische und parallele Nachweis von Enzymen, Proteinen, DNA oder anderen Biomolekülen ist für Anwendungen der nächsten Generation in den Bereichen Medizin, Life Science, Biotechnologie, Pharmaproduktion, Lebensmittel - und Umwelttechnik von großer Bedeutung.
Konventionelle diagnostische Nachweisverfahren erfordern viele manuelle Arbeitsschritte und müssen von qualifiziertem Personal in speziellen Laboren durchgeführt werden. Dadurch sind solche Verfahren zeitaufwendig und teuer. Aufgrund der Logistik liegen zwischen Probenentnahme und Messergebnis in der Regel mehrere Tage. Diese diagnostische Lücke stellt in vielen Szenarien, bei denen entsprechende Maßnahmen schnell eingeleitet werden müssen, ein großes Problem dar.
Der Ausbruch von Pandemien (wie beispielsweise Corona im Jahr 2020) zeigt deutlich, dass diese sich am effektivsten eindämmen lassen, je schneller Infektionsketten unterbrochen werden. Die Nachfrage nach Diagnostik außerhalb von Krankenhäusern ist in den letzten Jahren extrem gestiegen und wird in den kommenden Jahren noch stärker zunehmen. Hier liegt die Zukunft in mobilen, diagnostischen Point-of-Care (PoC)-Systemen, die sich dezentral und flächendeckend einsetzten lassen und die Transformation von Hospitalcare über Homecare bis hin zu Anycare, d. h. Diagnostik am Körper egal wann und wo, einleiten. Ein Schlüsselelement solcher PoC-Systeme bilden miniaturisierte Biosensoren, die dank des enormen Fortschritts mikro- und nanotechnologischer Verfahren in den letzten Jahrzenten immer kleiner, leistungsstärker und kostengünstiger werden. Neben dem Einsatz in PoC-Systemen für den Nachweis von Krankheitserregern bieten Biosensoren auch ein enormes Potential für weitere Anwendungsfelder zur Präventions- und Begleitdiagnostik z. B. in Companion Diagnostics-Tests für die personalisierte Medizin, zur Inline-Prozess-Qualitätskontrolle in der industriellen Herstellung biologischer Erzeugnisse der Biotechnologie und Pharmaindustrie, dem pharmakologischen Wirkstoff-Screening und als Infektions-Frühwarnsysteme in medizinischen Implantaten.
Wir am Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IMS) haben uns im interdisziplinären Anwendungsfeld In-situ Diagnostik das Ziel gesetzt, die nächste Generation biosensorischer Mikrosysteme zu entwickeln, um die Komplexität und Kosten aktueller analytischer Methoden deutlich zu reduzieren.
Neben der Entwicklung der Biosensoren liegt ein besonderer Schwerpunkt in deren Integration in miniaturisierte Sensorsysteme. Dafür verfügen wir über Knowhow im Bereich der on-Chip CMOS-basierten Signalverarbeitung, der Chip/Wafer-Bondtechnologien zur direkten Integration von Mikrofluidiken, der drahtlosen Kommunikationssysteme und der KI-gestützten Datenanalyse. Diese Technologien bilden die Grundlage von gerätefreien Systemen, d. h. Full Lab-on-a-Chips (LoCs).
Der grundsätzliche Aufbau von Biosensoren besteht aus einem biologischen Rezeptor, an den der nachzuweisende Analyt spezifisch bindet und einem Signalumwandler, der die Bindung in eine physikalische Messgröße umwandelt. Am Fraunhofer IMS werden hinsichtlich der Signalumwandler drei wesentliche Schwerpunkte verfolgt.