Karsten Seidl, Leiter Geschäftsfeld Health, und sein Team möchten mit intelligenten und erschwinglichen Lösungen die medizinische Versorgung von Morgen mitgestalten. »Mithilfe verschiedener Sensoren entlasten wir beispielsweise Pflegkräfte bei der Messung von Vitalparametern, sichern die hohe Qualität bei der Herstellung von Krebstherapeutika und ermöglichen die Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Depressionen«, erklärt Karsten Seidl, »Wir bringen Innovationen in den Medizintechnik-Mittelstand und leisten so unseren Beitrag für eine stabile und fortschrittliche Versorgung von Patientinnen und Patienten.« Durch welche Projekte das möglich werden soll, erfahren Sie nachfolgend.
Sensorik für kontaktlose Vitalparametermessung zur Entlastung von Pflegekräften und Eindämmung der Auswirkungen des Fachkräftenotstands
Im Projekt CAREFUL EDGE-X[1] entwickelt das Fraunhofer IMS zusammen mit weiteren Partnern[2] eine intelligente Lösung für die Pflege, die durch die kontaktlose Erfassung und lokale Verarbeitung von Vitalparametern über Edge-Computing funktioniert. »Wir möchten durch unsere Gaia-X-standardisierte Lösung sowohl stationäre als auch ambulante Pflegeanwendungen berücksichtigen, um die Pflegekräfte in ihrer täglichen Arbeit zu entlasten«, fasst Caroline Reßing, Projektleiterin im Bereich kontaktlose Vitalparametermessungen vom Fraunhofer IMS zusammen.
Das Fraunhofer IMS steuert im Projekt das Know-how für die kontaktlose Sensorik zur Erfassung von Vitalparametern in einem intelligenten Pflegezimmer bei. Zusammen mit anderen sensorisch erweiterten Geräten wie einem Pflegebett, einem Sitzkissen und einem Pflegeroboter werden die Daten validiert und genutzt, um die Pflege zu optimieren. Die Kommunikation zwischen den Geräten wird über eine digitale Pflegeplattform und -software abgewickelt. Das Projekt CAREFUL EDGE-X verbindet so die Bereiche Pflege, Robotik und Smart Living und ermöglicht eine sektorübergreifende Nutzung. Durch die lokale Datenverarbeitung im Edge-Device wird der Energieverbrauch für die Kommunikation und in Cloud-Rechenzentren reduziert, was dem Klima- und Umweltschutz zugutekommt.
Neben medizinischen Anwendungen, kann darüber hinaus unsere kontaktlose Vitalparametermessung auch beim Bedienen von Maschinen und beim Autofahren eingesetzt werden, um mehr Sicherheit im Straßenverkehr und in der Produktion zu erreichen. Bei Letzterer engagieren wir uns übrigens auch für die Automatisierung von Prozessen bei der Arzneimittelherstellung, wozu wir im nachfolgenden Projekt mehr berichten.
Eine ressourcenschonende und günstigere Gesundheitsversorgung für alle Menschen durch automatisierte Produktionstechnologien für mRNA-basierte Arzneimittel
Im Leitprojekt RNAuto[3] forschen sieben Fraunhofer-Institute an automatisierten Produktionstechnologien für innovative mRNA-basierte Arzneimittel. »Damit werden die technologischen Voraussetzungen für den Zugang zu neuartigen Impfstoffen oder Gen- und Zelltherapeutika für eine Vielzahl von Patientinnen und Patienten geschaffen. Ziel ist es, eine ressourcenschonende und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, die für alle Menschen zugänglich sein kann«, fasst Nicolas Schierbaum, Projektleiter für den Anteil des Fraunhofer IMS am Leitprojekt, zusammen.
Bisherige Lösungen erfüllen nicht immer ausreichend die Anforderungen der »Good Manufacturing Practice« (GMP, Richtlinie zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung in der Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen) und erfordern viele manuelle Arbeitsschritte. Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer automatisierten Screening-Anlage und eines geschlossenen Moduls mit integrierter Qualitätskontrolle, die alle Prozessschritte in einem digitalen Zwilling abbilden. Das Fraunhofer IMS ist für die Entwicklung der Sensorik zur Online-Qualitätskontrolle verantwortlich und setzt dafür zeitaufgelöste Photodetektor-Arrays auf Basis der SPAD-Technologie (Single-Photon Avalanche Diode) ein. Die Machbarkeit des Projekts wird anhand von zwei Wirkstoffen demonstriert – einem mRNA-Impfstoff zur Prophylaxe gegen die Viruserkrankung West-Nil-Fieber und einem mRNA-induzierten Gentherapeutikum gegen Krebserkrankungen, das auf natürlichen Killerzellen gesunder Spender basiert.
Von Zellen gehen wir über zu den Neurotransmittern, die chemische Botenstoffe in unseren Gehirnen, anhand derer wir zu verschiedenen Krankheiten forschen können, aber auch diejenigen, die das Glücksbotenstoff Dopamin ausschütten.
Messung von Neurotransmittern im Gehirn zur Erforschung von Krankheiten wie Alzheimer und Depressionen durch die Analyse von chemischen Verbindungen wird mit unserer Datenerfassung für schnelle zyklische Voltammetrie möglich
Die Zukunft der neurochemischen Forschung steht mit unserem leistungsstarken Datenerfassungssystem für schnelle zyklische Voltammetrie-Messungen (FSCV – Fast-Scan Cyclic Voltammetry) vor der Tür! Unser System soll die Messung von Neurotransmittern wie Dopamin durch seine einzigartige Kombination aus flexibler Konfiguration, Hochleistungsstimulation und gleichzeitiger Datenerfassung von bis zu 16 Kanälen auf die nächste Ebene bringen.
Mit unserer fortschrittlichen FPGA-Technologie (Field Programmable Gate Array) sollen individuell programmierbare Spannungskurven auf ein Multi-Elektroden-Array angewendet und die Reaktion von Nervenzellen in Echtzeit gemessen werden. Die hochsensiblen analogen Messschaltungen werden perfekt auf das Elektrodenarray abgestimmt, um Störungen zu minimieren und präzise Ergebnisse zu liefern. »In diesem Projekt entwickeln wir ein System mit maximaler Flexibilität bei der Konfiguration des Messszenarios, das skalierbar für spätere Erweiterungen ist.«, so Kira Heinrich, Projektmanagerin im Bereich medizinische Implantate.
Alle aus dem Geschäftsfeld sehen große Fortschritte und Chancen von biomedizinischer Sensorik in unserer Gesellschaft. »Durch offene Ansätze, die über den Gesundheitssektor hinausgehen, können wir den Alltag von vielen Menschen verbessern. Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler möchten wir in den genannten Projekten und auch in neuen Kooperationen mit KMUs, Start-ups oder anderen Fraunhofer-Instituten weiterhin gute Lösungen entwickeln, damit wir zusammen eine nachhaltige Gesundheitsversorgung aufbauen können, die sich alle leisten können«, fasst Karsten Seidl zusammen.
[1] Dieses Projekt wird unter dem Förderkennzeichen 01MD22006A durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.
[2] C&S Computer und Software GmbH, Medisana GmbH, Hermann Bock GmbH, Visseiro GmbH, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
[3] Gefördert im Rahmen der internen Programme der Fraunhofer-Gesellschaft.