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ALBACOPTER®-Projekt erfolgreich abgeschlossen

Duisburg, 17. September 2025 – Der ALBACOPTER®, Ergebnis eines Leitprojekts der Fraunhofer-Gesellschaft, hat im August 2025 seinen Jungfernflug auf dem Nationalen Erprobungszentrum für Unbemannte Luftfahrtsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Cochstedt erfolgreich absolviert. Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Fraunhofer-Institute, der Fraunhofer-Gesellschaft sowie von Partnerfirmen feierten diesen Erfolg am 17. September in der Karlsruher Forschungsfabrik, zogen Bilanz und skizzierten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für künftige Luftfahrt-Vorhaben.

 

© © Frederik Wolf, Fraunhofer ICT
Der ALBACOPTER beim Jungfernflug auf dem Testgelände der DLR in Cochstedt

Sechs Fraunhofer-Institute waren an dem mehr als vier Jahre dauernden Leitprojekt der Fraunhofer-Gesellschaft beteiligt: Der Fluglageregler stammt vom Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM in Paderborn. Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe programmierte eine App-basierte mobile Bodenstation zum Monitoring aller Komponenten und für die Flugstreckenplanung und entwickelten einen digitalen Zwilling des Fluggerätes. Das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg steuerte die sichere Prozessorarchitektur bei. Für die Struktur sowie die Batterietechnik war das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt zuständig, das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal entwickelte die Antriebe sowie einige Leichtbaukomponenten in der Struktur des ALBACOPTER®.

Zufrieden äußerte sich Operation Manager Martin Leuner (Fraunhofer IVI): » Wir haben mit dem ALBACOPTER® ein konzeptionell neuartiges, teilautonomes Fluggerät für den Lastentransport entwickelt. Seine acht Rotoren sind um 90 Grad schwenkbar, seine Tragfläche hat sieben Meter Spannweite. So vereint der ALBACOPTER® die Fähigkeit, senkrecht zu starten und zu landen (»VTOL«, vertical take-off and landing), mit effizienten Tragflächenflugeigenschaften. Dazu kommt: Die weit überwiegende Mehrzahl seiner Komponenten und seine Elektronik sind keine Bauteile und Programmierungen von der Stange, sondern Entwicklungen der Fraunhofer-Institute.«

Martin Lehmann vom Fraunhofer LBF sieht in dem erfolgreichen Jungfernflug das Projektziel erreicht: »Der ALBACOPTER® ist für uns ein großes und wichtiges Projekt mit einer für unsere Verhältnisse langen Laufzeit. Der Projektbeginn stand unter den besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie, das war auf jeden Fall eine große Herausforderung. Am Projektende haben wir das Ganze als Team zum Erfolg geführt und konnten sogar mit dem Prototyp abheben.«

Lars-Fredrik Berg vom Fraunhofer ICT betont: »Das Fraunhofer-Leitprojekt ALBACOPTER® entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit von einem bloßen Konzept mit Technologiereifegrad (TRL) 3 zu einem flugfähigen Technologieträger mit TRL 6. Das sind für einen Vierjahreszeitraum sehr große technologische Fortschritte! Besonders bemerkenswert: Anders als im Fluggerätebau üblich liefen Design und Materialentwicklung beim ALBACOPTER® parallel, sodass die Teams für ihren Anwendungsfall kaum auf Erfahrungswerte zur Stabilität zurückgreifen konnten, sondern alles neu erforschen und parallel entwickeln mussten.«

Udo Nolte vom Fraunhofer IEM ergänzt: »Während der Projektlaufzeit ist es sehr oft herausfordernd gewesen, alle Komponenten und Teilentwicklungen miteinander zu synchronisieren und dabei das Ziel nicht außer Acht zu lassen. Das war aber auch genau das Spannende: Die gezielte Kommunikation, die Lösungsfindung – und immer wieder das große Ziel des Abhebens zur Motivation zu nutzen. Dass der ALBACOPTER® einen erfolgreichen Erstflug mit sicherer Landung absolviert hat, ist das Tüpfelchen auf dem i. Entscheidender sind aber die Erkenntnisse, Erfahrungen und Kompetenzen, die wir alle während der Entwicklung des ALBACOPTER® aufgebaut haben. Dieses Know-how existiert unabhängig von dem Prototyp in unseren Dokumenten und unseren Köpfen und kann in Kundenprojekten eingesetzt werden.«

Matthias Kollmann vom Fraunhofer IOSB hebt hervor: »Die Zusammenarbeit in dem Projekt war außergewöhnlich, die vielen Institute haben Hand in Hand zusammengearbeitet. Es gab kurze, direkte Absprachen, was mir sehr gut gefallen hat – und damit haben wir es wirklich geschafft, den ALBACOPTER® in die Luft zu bringen.«

Die Projektleitung lag während Abschlussphase des Leitprojekts beim Fraunhofer ICT. Dessen Institutsleiter Frank Henning sagte anlässlich der Flugversuche in Cochstedt: »Dem Team des ALBACOPTER®-Leitprojekts gratuliere ich zu seiner Beharrlichkeit und seinem Mut, die den Jungfernflug möglich gemacht haben. Das Team hat sich nicht mit der Dokumentation der Möglichkeiten zufriedengegeben, sondern einen Technologieträger entwickelt und dessen Flugfähigkeit unter Beweis gestellt. Allen, die den zurückliegenden Jahren daran mitgearbeitet haben, danke ich für ihr Engagement. Im Leitprojekt ALBACOPTER® wurde wieder einmal deutlich, wie wichtig interdisziplinäres Arbeiten ist und wie gut uns dies innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft gelingt: Alle beteiligten Institute haben ihr Know-how und ihre Expertise eingebracht und gemeinsam neue Wege beschritten. Deshalb ist das Ganze weit mehr als die Summe seiner Teile.«

Ein Wermutstropfen gab es dann doch: Im Verlauf weiterer Flugversuche traten technische Schwierigkeiten an einem Elektromotor auf, sodass keine geordnete Landung mehr möglich war. Deshalb brach die Crew die Testreihe in Cochstedt vorzeitig ab, und der ALBACOPTER® konnte sein ganzes Potenzial noch nicht vollständig unter Beweis stellen. Doch auch dies deutete Henning positiv: »Wir betreiben nun einmal Forschung und loten Grenzbereiche aus. Unsanfte Landungen gehören dazu. Entscheidend ist jetzt, welche Rückschlüsse wir aus den Daten ziehen, die uns die Flugversuche geliefert haben, und wie wir sie nutzen. Mit den Erkenntnissen und Erfahrungen aus der Projektphase bietet der ALBACOPTER® in seinen Teilaspekten und als Gesamtkonzept vielfältige Ansatzpunkte für weitergehende Forschung und Entwicklung und vor allem für den Transfer in die Industrie.«

Der Abschlussbericht wird für das 1. Quartal 2026 erwartet.

Hier geht es zum Projektwebseite von ALBACOPTER.