Bakterien mit fluoreszierenden Nanosensoren detektieren

Leuchtende Kohlenstoff-Nanoröhren zeigen die Anwesenheit von Krankheitserregern an – schnell und einfach anwendbar.

Ein Teil des Forschungsteams: Sebastian Kruß (links) und Robert Nißler
© Alexander Spreinat
Ein Teil des Forschungsteams: Sebastian Kruß (links) und Robert Nißler

Eine neue Methode zur Detektion von Bakterien und Infektionen haben Forscherinnen und Forscher aus Bochum, Göttingen, Duisburg und Köln entwickelt. Sie nutzen fluoreszierende Nanosensoren, um Krankheitserreger schneller und einfacher aufzuspüren als das mit etablierten Verfahren möglich ist. Ein Team um Prof. Dr. Sebastian Kruß, früher an der Universität Göttingen, jetzt an der Ruhr-Universität Bochum (RUB), beschreibt die Ergebnisse in der Zeitschrift Nature Communications, online veröffentlicht am 25. November 2020. Um Bakterien mit herkömmlichen Methoden zu detektieren, müssen Gewebeproben entnommen und analysiert werden. Die Gruppe um Sebastian Kruß möchte die Probenentnahme überflüssig machen und Krankheitserreger mit winzigen optischen Sensoren direkt am Ort der Infektion sichtbar machen.

 

Fluoreszenz verändert sich in Anwesenheit bakterieller Moleküle

Die Sensoren basieren auf modifizierten Kohlenstoff-Nanoröhren mit einem Durchmesser von weniger als einem Nanometer. Bestrahlt man sie mit sichtbarem Licht, leuchten sie anschließend im für Menschen nicht sichtbaren Nah-Infrarotbereich mit einer Wellenlänge von etwa 1.000 Nanometer und mehr. Das Fluoreszenzverhalten ändert sich, wenn die Nanoröhren auf bestimmte Moleküle in ihrer Umgebung treffen. Da Bakterien einen charakteristischen Molekülmix absondern, kann das Leuchten der Sensoren somit die Anwesenheit bestimmter Erreger anzeigen. In der vorliegenden Arbeit beschreibt das Forschungsteam Sensoren für verschiedene bakterielle Motive, deren Kombination die Detektion und Differenzierung von gefährlichen Pathogenen erlaubt, die zum Beispiel mit Implantat-Infektionen assoziiert sind. »Dass die Sensoren im Nah-Infrarot-Bereich funktionieren, ist für die optische Bildgebung besonders interessant, weil in diesem Bereich wesentlich weniger Hintergrundsignale existieren, die das Ergebnis verfälschen können«, sagt Sebastian Kruß, der die Gruppe Funktionale Grenzflächen und Biosysteme an der RUB leitet und Mitglied im Exzellenzcluster Ruhr Explores Solvation, kurz Resolv, ist. Licht dieser Wellenlänge dringt tiefer in menschliches Gewebe ein als sichtbares Licht, was das Auslesen der BakterienSensoren auch unter Wundverbänden oder auf Implantaten ermöglichen könnte.

 

Weitere Anwendungsbereiche denkbar

»Dies könnte in Zukunft die Grundlange zur optischen Detektion von Infektionen auf intelligenten Implantaten sein, zu der keine Probenahme selbst mehr nötig ist. Somit ließe sich der Heilungsprozess oder eine mögliche Infektion schnell erkennen, was zu einer verbesserten Patientenversorgung führen könnte«, so Robert Nißler, Erstautor der Studie von der Universität Göttingen. »Die möglichen Anwendungsbereiche sind jedoch nicht darauf beschränkt«, ergänzt Kruß. »Auch eine bessere Schnelldiagnostik von Blutkulturen im Rahmen einer Sepsis ist in Zukunft denkbar.« An der Studie waren neben den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Physikalischen Chemie II der Ruhr-Universität Bochum und des Instituts für Physikalische Chemie der Universität Göttingen auch Teams der Medizinischen Mikrobiologie der Universitätsmedizin Göttingen, der Universitätsmedizin Köln und des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme in Duisburg beteiligt.

 

Förderung

Die Volkswagen-Stiftung und das Exzellenzcluster Ruhr Explores Solvation, kurz Resolv, förderten die Arbeiten.

 

Originalveröffentlichung

Nißler et al.: Remote near infrared identification of pathogens with multiplexed nanosensors, in: Nature Communications, 2020, DOI: 10.1038/s41467-020-19718-5

 

Pressekontakt

Prof. Dr. Sebastian Kruß

Funktionale Grenzflächen und Biosysteme

Fakultät für Chemie und Biochemie

Ruhr-Universität Bochum

Tel.: +49 234 32 29946

E-Mail: sebastian.kruss@rub.de

Pressetext verfasst von: Dr. Julia Weiler, Redaktion der Ruhr-Universität Bochum (RUB)

Weitere Informationen finden Sie auf www.news.rub.de

 

Über das Fraunhofer IMS

Das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg ist eine weltweit anerkannte anwendungsorientierte Forschungseinrichtung für die Entwicklung marktfähiger Technologien und Verfahren in den Bereichen der Mikroelektronik und Sensorik. Insbesondere in den Schlüsselbereichen »Health, Industry, Mobility, Space and Security« arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intensiv und interdisziplinär an der Entwicklung zukunftsrelevanter Lösungen für Industrie, Dienstleistungssektor und Gesellschaft – seit über 30 Jahren.

 

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Als Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz wirkt sie mit an der Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 74 Institute und Forschungseinrichtungen. Rund 28 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, überwiegend mit natur- oder ingenieurswissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Forschungsvolumen von 2,8 Milliarden Euro. Davon fallen 2,3 Milliarden Euro auf den Leistungsbereich Vertragsforschung.

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