Neue Biosensorik-Forschungsgruppe am Fraunhofer IMS will ultraschnelle Identifikation von Krankheitserregern ermöglichen

Mit Hilfe optischer Biosensoren könnten Bakterien und Viren in Sekundenschnelle detektiert werden. Patienten müssten nicht mehr tagelang auf ihre Testergebnisse warten, sterile Räume, medizinische Geräte, Produktionsprozesse und Lebensmittel könnten in Echtzeit überwacht werden. Am Fraunhofer IMS in Duisburg hat sich eine neue Arbeitsgruppe gegründet, die all das ermöglichen will.

Dr. Sebastian Kruss leitet eine neue Forschungsgruppe am Fraunhofer IMS in Duisburg. Bis 2025  soll sie Biosensoren entwickeln, die unter anderem Corona-Viren in Echtzeit aufspüren können.
© Fraunhofer IMS
Dr. Sebastian Kruss leitet eine neue Forschungsgruppe am Fraunhofer IMS in Duisburg. Bis 2025 soll sie Biosensoren entwickeln, die unter anderem Corona-Viren in Echtzeit aufspüren können.

Geplant ist eine ultraschnelle »In-situ-Identifikation« von Krankheitserregern. Dafür will die neue 5-köpfige Arbeitsgruppe um den Biosensorik-Experten Dr. Sebastian Kruss Biosensoren so funktionalisieren, dass sie Bakterien, Viren und andere Krankheitserreger optisch und folglich berührungsfrei anzeigen. Dadurch würde die zeitintensive Aufbereitung von Proben entfallen.  
 
Mit optischen Biosensoren ließe sich Corona viel effektiver bekämpfen
 
Mit Hilfe einer solchen schnellen und kostengünstigen Diagnostik könnte man einer ganzen Reihe aktueller Herausforderungen wirksam begegnen, von den rasant zunehmenden Antibiotika-Resistenzen bis hin zur Ausbreitung neuartiger Viren. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie könnte mit Hilfe optischer Biosensoren wesentlich effektiver bekämpft werden.  
 
Die Anwendungsmöglichkeiten optischer Biosensoren sind längst nicht ausgereizt 


Bisher gibt es nur wenige kommerziell genutzte Biosensoren, wie etwa den BlutzuckerSensor für Diabetes-Patienten. Ihre zumeist geringe Sensitivität und die fehlende Systemintegration stehen exemplarisch für mehrere Hindernisse, die eine Anwendung solcher Sensoren in anderen Bereichen bisher eingeschränkt haben.  
 
Dr. Sebastian Kruss geht neue Wege: Er kombiniert Einzelmolekül-Sensitivität mit Einzelphotonen-Detektoren. Zugleich erhöht er die Zahl auswertbarer Sensoren. Eine so aufgebaute »künstliche Spürnase« könnte eine ganze Bandbreite verschiedener Substanzen simultan erkennen. Grundlage der Sensoren sind Nanomaterialien, die in einem nicht sichtbaren Bereich des Lichts leuchten. Die Materialien werden chemisch so modifiziert, dass sie Antikörper oder andere biologische Motive binden und dadurch ihre optischen Eigenschaften ändern. Höchstsensitive Detektoren lesen die optischen Signale der Nanomaterialen aus und identifizieren so verschiedene biomedizinisch relevante Analyte. Auch die Suche nach neuen Impfstoffen und Medikamenten könnte davon profitieren.
 
Förderprogramm »Attract« hat Dr. Sebastian Kruss für Fraunhofer gewonnen


Das Fraunhofer IMS hat Dr. Sebastian Kruss dank des Fraunhofer Attract-Programms für die Leitung dieser Arbeitsgruppe gewonnen. Das Förderprogramm ermöglicht externen Wissenschaftlern, ihre Ideen innerhalb eines optimal ausgestatteten Fraunhofer-Instituts marktnah in Richtung Anwendung voranzutreiben. In den kommenden fünf Jahren wird Dr. Kruss mit 2,5 Millionen Euro gefördert. Mit einem eigenen Team und in einem technisch stark erweiterten Biolabor kann er so die Biosensorik für neue Anwendungen erschließen.

 


Über das Fraunhofer IMS

Das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg ist eine weltweit anerkannte anwendungsorientierte Forschungseinrichtung für die Entwicklung marktfähiger Technologien und Verfahren in den Bereichen der Mikroelektronik und Sensorik. Insbesondere in den Schlüsselbereichen »Health, Industry, Mobility, Space and Security« arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intensiv und interdisziplinär an der Entwicklung zukunftsrelevanter Lösungen für Industrie, Dienstleistungssektor und Gesellschaft – seit über 30 Jahren.

 

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Als Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz wirkt sie mit an der Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 74 Institute und Forschungseinrichtungen. Rund 28 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, überwiegend mit natur- oder ingenieurswissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Forschungsvolumen von 2,8 Milliarden Euro. Davon fallen 2,3 Milliarden Euro auf den Leistungsbereich Vertragsforschung.

Mehr unter: www.ims.fraunhofer.de